Die Fußperspektive der Philosophie. Antworten aus dem Philozirkel am 1. März 2018

Voran die bekannte Anekdote: Thales vom Milet richtete den Blick nach oben, um die Sterne zu beschauen; dabei fiel er in den Dorfbrunnen. Seine witzige Magd lachte ihn aus und sagte: Er wolle wohl erfahren, was am Himmel wäre, „was aber vor ihm läge und zu seinen Füßen, bliebe ihm unbekannt.“

(Platon, Theaitetos, 174 a)

Wir wollten im Sinne der Magd des Thales philosophieren: Philosophie von unten, aus der alltäglichen Intuition, bewusst ohne Rücksicht auf den großen Blick von ‚oben‘. Wir hatten die Fragen Kants (s.u.) ausgesandt; die Antworten waren eine schöne Bereicherung: Wir fanden alltägliche Weltsichten, die uns ergänzten, widerlegten, förderten.

Der Philozirkel sagt herzlichen Dank allen Einsendern! Aus den Zusendungen haben wir ein Kondensat gemacht, wobei es auf Kürze, Wesentlichkeit und Konsens im Workshop ankam. Jeder der Teilnehmer hatte noch andere Präferenzen; jeder steckte etwas zurück, um ein knappes Profil zu ermöglichen. Am schwersten gelang die Antwort auf die ‚Kunst‘. Daran arbeitete der Philo-Zirkel weiter (siehe ‚Ästhetik der modernen Kunst‘ und weiter unten ‚Was leistet Kunst heute?‘ (kurz) sowie ‚Was leistet Kunst heute?‘ (lang)).

Hier die Kurzfassung aus dem Workshop, wie wir sie auf fünf Folien festgehalten haben:

 

1. Was kann ich wissen:

- was ich mit Neugier oder Interesse aufgenommen habe

- was ich aus Erfahrung und Realität der Dinge erlebt habe

- begleitet von der Gewissheit, Orientierung zu gewinnen

- die Unzahl der Dinge begrifflich zu begrenzen

- ich weiß darum auch, dass ich vieles nicht weiß (z. B. ob ein Gott ist)

 

2.Was soll ich tun?

- handeln aus Achtung vor dem Anderen

- mit Empathie und Umsicht

- im Bewusstsein für die Verantwortung für Kosmos und Kreatur

  Ich habe auch eine Verpflichtung mir gegenüber:

- Bewahrung meiner Identität und Integrität

- die Verwirklichung meiner Begabungen

 

3.Was darf ich hoffen?

- in der absurden Welt dennoch auf Liebe und alles Lebendige zu setzen

- dass mir meine Gesundheit erhalten bleibt

- im Gedächtnis bewahrt zu bleiben; evtl. auch nur in der Datenwelt des Internet

- mein Lebensschicksal glücklich bewältigen können

 

4. Was ist der Mensch

- er ist der Gestalter seiner Lebens und seiner Umwelt

- er hat die Möglichkeit die Vernunft zu benutzen

- weil er sie hat, fällt es ihm schwer

 

5.Was leistet die Kunst

- Kunst erweitert unsere Fähigkeit zu sehen, zu hören

- eigene Kreativität und Phantasie zu entwickeln

- Taten und Gebilde losgelöst von Kaufpreis, Nutzen und Gier zu erleben

- setzt Intuitionen frei, die das Alltägliche in Frage stellen

 

(Dr. R.Schönsee, Sprecher des Arbeitskreises)

 

 

 

Im Philo-Zirkel verbinden sich Mitglieder und Freunde der Patriotischen Gesellschaft, welche die Tradition der Aufklärung gegenwärtig halten möchten. Jeder ob mit oder ohne Vorkenntnisse ist herzlich willkommen!