Weiteres Kursmaterial - Nizänum - steht Ihnen hier zum Download zu Verfügung:
Nizänum.pdf (263,8 KiB)Die Gründung der abendländischen Philosophie in der dialektischen Struktur der ‚Trinität‘ als Progress des ‚Tertium‘ (nach Hegel)
Aufgrund ihres trinitarischen Ursprungs ist der abendländische Philosophie ein Prozesscharakter eigen, der sowohl aus dem „Absurden“ des trinitarischen Gottesbegriff entspringt, wie auch aus dem dialektischen Impuls der „Drei“. Die Anlage der Philosophie sucht immer ein ‚Tertium‘, um das Problem der ‚Dipoligkeit’ des Gott-Menschen zu lösen: Sie sucht den „Mittler“ zwischen Gott und Mensch: Zwischen Subjekt und Objekt, zwischen Natur und Geist. -Christus wird in der Patristik zwischen Geist (Gott) und Leib (Materie) zum Mittler. Diese Mittlerfunktion fand die Patristik (Justinus) schon in Platons ‚Timaos‘, in dem „Chi“ der Weltseele, die Geist und Materie vermittelt. Die Dreier-Struktur wird zum Ordnungsprinzip und Aufbauschema für die europäische Geistes– und Kulturgeschichte.
Angeregt wurde dieses Betrachtung durch Hegel. Er sagt dazu: Die Dialektik wurde methodisch durch die „eigentümlichen Form der Kirchenväter“ entwickelt, weil „die Wahrheit der Idee des Geistes als konkreter Geist von ihnen erkannt wird“. (Vorlesungen über die Gesch. d. Philos.‘ Wke 19, S. 501, Suhrkamp). Das „ Konkrete“ im Geiste ist vorgegeben in dem ‚Triunum‘ Christi als „Gott und Mensch“.- Patristik und Scholastik sind sich einig, dass durch die Gnade Gottes der Christenmensch ein freies Wesen sei. Da Christus als ‚Person‘ gefasst werden kann, ist die Entwicklung der Geschichte als Progress des ‚Tertium‘, wie Hegel sagt, ein „Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit.“ - Das Tertium verlangt immer nach neuen Synthesen. Weil wir zugleich Wesen der ‚Natur‘ sind, begabt mit Selbstbewusstsein und Gewissen‘, sind wir als Privilegierte der Schöpfung verantwortlich für die Kreatur: Die unvernünftige Natur freut sich mit der vernünftigen Natur des Menschen über die Erlösung. (Anselm v. C., I,18)
Im Prozess der Selbsterkenntnis wird die Würde des anderen anerkannt, weil Ich im reflexiven Spiegel des Du damit meine Würde bewahre. Wichtig ist die Formel des Augustinus: Memoria für ‚Vater‘: Erinnerung verlangt Selbstreflexion und Blick auf Geschichte und Biographie. Die Entwicklung über das Naturrecht bietet eine Sphäre der Freiheit und Raum für die subjektive Kraft (‚Dynamis‘ im NT) und Macht im Inneren des Menschen. ‘Natura‘ ist mit dem Gottmenschen mitgegeben.
In einem Seitenblick haben wir auf den ‚Islam‘ gesehen: Sein strenger Monotheismus verführt die Priesterkaste immer wieder dazu, das „Tor“ zu schließen; er steht in der stetigen Gefahr dogmatisch zu erstarren. Weil er über den Geistbegriff des Aristoteles ohne „Mittler“ verfügt, entgleitet ihm die Substanz der freien Individualität. Wir hatten darum gefragt, wie eine Aufklärung aus der eigenen Philosophie des Islam möglich sei.
(Matrial dazu in der Homepage: philozirkel-hamburg.de/aufklaerung-islam.html)
Reinhart Schönsee (03/2016)